Interkulturelle Öffnung in Mütter- und Familienzentren

Modellhafte Prozesse in Erding und Germering

Ausgangslage

Mütter- und Familienzentren sind niedrigschwellige Einrichtungen der Familienunterstützung, die seit den 1980er Jahren aus dem Grundgedanken der Hilfe zur Selbsthilfe gegründet wurden. Sie fungieren als sozialräumlich orientierte Treffpunkte und bieten Raum für generationsübergreifenden sozialen und kulturellen Austausch und gegenseitige Unterstützung. Das Herzstück der Mütter- und Familienzentren ist im Allgemeinen ein offenes Café, in dem sich Menschen aus dem Stadtteil jederzeit und ohne Anmeldung treffen, austauschen und engagieren können. Parallel zu diesem offenen Angebot werden Kurse, Gesprächskreise und Beratungen durchgeführt sowie Dienstleistungen angeboten.

Deutschland ist mittlerweile eine multiethnisch zusammengesetzte Einwanderungsgesellschaft. Inzwischen haben ca. 19% der Bevölkerung in Deutschland einen Migrationshintergrund und in einigen Metropolregionen Bayerns haben mehr als 50% der unter 18-jährigen Kinder eine Migrationsbiographie. Durch ihren sozialräumlichen, partizipativen und niedrigschwelliger Ansatz mit offenen Angeboten sind Mütter- und Familienzentren Einrichtungen mit besonderem Integrationspotential für Familien mit Migrationshintergrund. Das heißt, Eltern und deren Kinder mit Migrationshintergrund sind sowohl potentielle Nutzer/innen, als auch hauptamtliche und ehrenamtliche Mitarbeiter/innen der bayerischen Mütterzentren.

Die Realität zeigt allerdings, dass diese Potentiale für die bayerischen Mütterzentren bisher nur eingeschränkt genutzt werden, und Menschen mit Migrationshintergrund nur bedingt als Nutzer/innen oder Akteure/innen vertreten sind. Die Situation in Bezug auf das Erreichen und die aktive Beteiligung von Migrant/innen ist in Mütter- und Familienzentren recht unterschiedlich. Das reicht von Einrichtungen, in denen Migrant/innen nur eine „Randerscheinung“ sind über solche mit dezidiert interkulturellen Angeboten bis hin zu Zentren, die von Migrant/innen gegründet und maßgeblich geleitet werden. Allerdings ist der interkulturelle Ansatz meist von einzelnen Personen und auch Zufälligkeiten abhängig und nicht Ergebnis eines bewusst erarbeiteten und reflektierten Konzeptes. In den wenigsten Mütter- und Familienzentren sind Migrant/innen zudem eine „selbstverständliche Zielgruppe”. Eine Interkulturelle Öffnung der Mütterzentren ist unumgänglich, um Migrant/innen systematisch als Nutzer/innen, Mitarbeiter/innen sowie als aktiv Engagierte anzusprechen und zu gewinnen. Einige Mütter- und Familienzentren haben konkret den Wunsch geäußert, ihre interkulturelle Orientierung weiterentwickeln zu wollen.

Das Netzwerk der Mütter- und Familienzentren in Bayern hat im Projekt gemeinsam engagiert einen Partner gefunden, der diese Bemühungen fachlich begleitet und unterstützt. Zwei Mütterzentren (Erding und Germering) wurden ausgewählt, um mit ihnen modellhaft einen Prozess der interkulturellen Öffnung durchzuführen. Zur Umsetzung dieser gewünschten und notwendigen Öffnung bedarf es einer interkulturellen Organisationsentwicklung, bei dem bewährte Konzepte in der Arbeit mit Migranten/innen entsprechend reflektiert und weiterentwickelt werden. Zentrales Anforderungsprofil und wesentliches Qualitätsmerkmal zur Umsetzung der interkulturellen Öffnung ist die Förderung von interkulturellen Handlungskompetenzen bei den Hauptakteur/innen und Veränderungen im Sinne einer systematischen Organisationsentwicklung.